Dass unsere altbekannte Arbeitswelt mit der Digitalisierung und Globalisierung an ihre Grenzen stößt, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Lange Entscheidungswege haben schon so manche Unternehmen abgehängt. Starre Strukturen in einer immer flexibler werdenden Welt führen bei Arbeitnehmern zu Frust. Alle sind sich scheinbar einig: Die Strukturen in der Arbeitswelt müssen verändert werden. Sie müssen flexibler werden, sich den Umständen anpassen und mit der Geschwindigkeit des 21. Jahrhunderts Schritt halten können. Noch dazu muss ein Weg gefunden werden, der Arbeitnehmern ermöglicht ihre Arbeit in ihr Leben zu integrieren. Doch wie findet man den Weg, um die “Neue Arbeit”, das New Work, wirklich umzusetzen?
Inhalt
Buzzwords des New Work
Im Zusammenhang mit New Work fallen einige Begriffe immer wieder:
Homeoffice, agiles Arbeiten, lebenslanges Lernen, Work-Life Balance oder Work-Life Blending.
Fernab der Buzzwords formulierte Bergmann das New Work eigentlich zunächst einmal als ein Konzept von Selbstständigkeit und Freiheit sowie dem Teilhaben an einer Gemeinschaft. Erst der Psychologe Markus Väth führte das Prinzip weiter und erfand den Begriff des Life-Blending, bei dem die Arbeit und das private Leben zunehmends verschwimmen und jeder Individuell die Grenze ziehen muss.
Tatsächlich ist spätestens seit Generation Y der Anspruch an den Beruf auch die Berufung. Arbeitnehmer fordern im gleichen Maße Sinnhaftigkeit der Arbeit wie vom Arbeitgeber eingefordert wird, dass der Angestellte auch nach Feierabend Mails beantwortet. Kein Wunder also, dass Work-Life-Blending Fluch und Segen zugleich sind.
So funktioniert Arbeiten 4.0 nicht
Ich finde es immer wieder spannend, die Diskussionen rund um die neue Arbeitswelt zu verfolgen. Die Einen fordern das Recht auf Homeoffice, bei Anderen findet man Studien dazu, warum Homeoffice unproduktiv ist. Manche halten agiles Arbeiten für den heiligen Gral, Andere gehen im vermeintlich agilen Chaos unter. Ein wenig musste ich schmunzeln, als bei Business Punk ein Artikel dazu erschien, mit welchen Tricks man im Homeoffice produktiv bleibt. Brauchen wir wirklich Tricks, um zu Hause produktiv zu arbeiten oder brauchen wir vielleicht den Mut, zum Arbeiten einfach weiter ins Büro zu gehen?
So richtig scheint es die eine Lösung nicht zu geben – und das ist auch logisch, betrachtet man all die unterschiedlichen Menschen und Charaktere.
Nur: Welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit New Work überhaupt funktionieren kann, darüber redet kaum jemand. Stattdessen gibt es Diskussionen über Methoden und Forderungen von allen Seiten. Legt doch erst einmal die Spielregeln fest!
Die Voraussetzungen für eine neue Arbeitswelt
Meiner Meinung nach sind die wichtigste Voraussetzung für New Work, dass
a) der Arbeitnehmer Selbstreflexion übt und
b) der Arbeitgeber Vertrauen gibt.
Ohne Arbeitnehmer, die bereit sind sich mit ihren Stärken und Schwächen zu befassen, können neue Arbeitsmethoden nicht funktionieren. Können wir nicht einmal bestimmen für wen welche Arbeitsmethode überhaupt geeignet ist. Ohne das Vertrauen des Arbeitgebers können dann die notwendigen Freiheiten nicht gewährt werden, die der Arbeitnehmer braucht, um selbstbestimmt zu handeln.
Im Endeffekt muss der Arbeitnehmer wissen, ob er produktiver zu Hause oder im Büro arbeitet. Er muss sich fragen, ob ihn starre Abläufe und das Wasserfallmodell stützen, oder behindern. Und inwiefern er bereit ist, dazu zu lernen und neue Prozesse an zu nehmen. Es nützt nichts nach Homeoffice zu rufen und dann verzweifelt Tricks zu lesen, wie man denn im Homeoffice produktiv bleiben kann weil es ansonsten nicht klappt.
Herausforderungen der Arbeitgeber
Der Arbeitgeber hingegen muss aufhören, in einzelnen Lösungen (Homeoffice, agiles Arbeiten etc.) zu denken und stattdessen individuelle Konzepte entwickeln und enabeln. Wenn 3 Leute aus dem Team im Homeoffice gut arbeiten und 2 lieber im Büro sitzen, dann müssen Lösungen gefunden werden, wie die Kommunikation reibungslos funktioniert. Wenn die Einen lieber im Wasserfallmodell arbeiten und die anderen in iterativen Prozessen, dann müssen jeweils Arbeitsgruppen gebildet werden, die inkrementell zum Gesamtresultat beitragen. Auch Hybridmodelle werden immer wichtiger werden.
Letztendlich stecken dahinter Vertrauen und eine gute Planung. Dazu gehört, dass Manager sich mehr mit dem Einzelnen beschäftigen, um funktionierende Gruppen bilden zu können. Nicht nur funktionieren – sondern dadurch die Stärken optimal ausnutzen können. New Work ist das Zeitalter der Individualisierung und Personalisierung.
Work-Life Balance oder Work-Life Blending?
Stehen die Spielregeln fest und wurde gewährleistet, dass der Einzelne bestmöglich seiner Arbeit nach gehen kann, dann stellt sich die Frage nicht mehr. Dann lassen sich Beruf und Freizeit problemloser abstimmen und herrscht weniger Stress auf allen Seiten. Denn das für einen individuell richtige Arbeitsmodell zu finden bedeutet immer auch, dass man seine Bedürfnisse kennt. An die wiederum wird wohl auch die Freizeitgestaltung geknüpft sein. Eine funktionierende Work-Life-Balance ist immer auch ein Work-Life-Blending, denn nur dort werden Grenzen individuell gezogen.
Wie die Umstellung funktioniert
Ich wünsche mir, dass Arbeitnehmer in die Verantwortung gehen und sich ehrlich mit ihren Stärken und Schwächen beschäftigen. Dass sie selbstreflektiert überlegen, welches Modell und welche Arbeitsweise ihren Umständen und ihrem Charakter am besten entsprechen.
Und dann wünsche ich mir Arbeitgeber, die in Vorstellungsgesprächen nicht mehr fragen, welche drei Eigenschaften die besten Freunde einem zuschreiben. Sondern, wie man die Arbeit aktiv in sein Leben gedenkt einzubauen und welche Lösungen man sich dafür wünscht.
Ich wünsche mir keine Kickertische und Obstkörbe mehr, sondern Arbeitgeber, die tatsächlich auf ihre Arbeitnehmer eingehen und ihnen vertrauen, dass jeder am besten arbeitet, wenn er seine Arbeit frei und sinngebend erledigen kann.
Und was wünscht ihr euch?
Bildcredits
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Photo by Christin Hume on Unsplash
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