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Antwerpen in 24 Stunden
Ist es möglich eine Großstadt wie Antwerpen in 24 Stunden zu entdecken? Ja! Ich war von Donnerstag auf Freitag letzte Woche dort und habe mir die Füße platt gelaufen. 45 km auf meinen Turnschuhen – obwohl man auch gemütlich mit einem der vielen Fahrräder von den Leihstationen hätte fahren können. Aber ich mag es ja persönlich einfach am liebsten, wenn ich ohne Plan durch eine Stadt laufe und selber die liebenswerten Ecken entdecke.
Und was ich entdeckt habe? Das erzähle ich euch in diesem Artikel und einem Foodguide.
Was erwartet euch in Antwerpen?
Antwerpen ist eine Hafenstadt in Flandern, Belgien und hat zur Zeit knapp 500.000 Einwohner. Ihr historischer Hintergrund ist besonders auf den früher florierenden Diamanthandel bezogen und hat einige prachtvolle Gebäude hervorgebracht, die noch heute einen Großteil des Stadtbildes ausmachen. Aber die Stadt ist auch in die Jahre gekommen und an vielen Ecken verfallen. Baufällig Gebäude, leer stehende Häuser und bröckelnde Fassaden kann man direkt neben einem Prachtbau mit Kuppel und Engelsfiguren finden. Dazu gesellen sich auch immer mehr hochmoderne Gebäude. Vom trendigen Shopping, über Hochhaus-Bürogebäude bis hin zu hippen Cafés ist die Stadt ein einziger, bunter Mischmasch aus alt und neu, verfallen und hochmodern. Ein bisschen, als hätte man alle spannenden Zutaten einer fremden Stadt in einen Becher gegeben, kräftig durchgeschüttelt und wahllos auf die Landfläche gekippt.
Antwerpen ist ein Paradies für Shopping, Café-Hopping und Kultur. Vom Flair her ähnlich historisch wie Prag, vom Stil her modern wie Schweden und vom Publikum so gemischt wie London. Als ich mich auf den Weg machte, war ich der festen Überzeugung: Antwerpen und ich? Das wird die große Liebe.
Alt, älter, Antwerpen
Wie gesagt gibt es wunderschönste Ecken in Antwerpen. Oben auf dem Bild seht ihr Gebäude in der Haupt-Shoppingstraße. Ob es nun eine Schande ist, dass dort McDonalds und Co. angesiedelt sind, lässt sich ausdiskutieren. Fakt ist: Alleine das Schlendern ohne Ziel lohnt sich in dieser Stadt schon. Genauso aber natürlich die typischen Touristenspots, wie der Grote Markt mit dem Rathaus und natürlich der berühmte, filmreife Bahnhof.



Ich mag historisches Flair. Die Gebäude haben mich auch in Wien, Prag und London immer besonders fasziniert und begeistert. So etwas Schönes gibt es jedenfalls weder in meiner Heimatstadt Hamm, noch in Düsseldorf. ;) Und kennt ihr diesen besonderen Geruch, den altes Holz hat? Als ich beim Spazieren die Stadsbibliotheek und die gegenüber liegende Saint-Carrolus Borromeuskerk entdeckte, hatte ich diesen Geruch direkt in der Nase. Ein Blick in die Kirche offenbarte auch: Lohnenswert! Im Gegensatz zur Liebfrauenkirche, in der der Eintritt wirklich nicht billig ist (ich meine 7€ für Erwachsene), ist der in der Saint-Carrolus auch noch umsonst.


Und das hässliche alt
Abgesehen davon findet man aber auch viel Verfallenes in Antwerpen. Man mag es charmant nennen. Ein bisschen habe ich mich über das schiefe Bistro auch gefreut. Lost Places sind ja auch voll im Trend. Aber so richtig wollte sich bei mir trotzdem kein Gefühl einstellen das machte, dass ich mich dort wohl fühlte. Vielleicht lag es auch daran, dass Antwerpen einen etwas spooky Lebenszyklus hat: Vor 10 Uhr Morgens wirkt die Stadt leer, dann laufen Menschenmassen durch die Gegend und ab 20 Uhr ist es wieder wie ausgestorben. Alte Häuser und verfallene Gebäude haben dann eher etwas leicht unheimliches, als charmanten Flair.
Modern City
Wenn ihr also in Antwerpen unterwegs seid und euer Auge mal wieder auf etwas Modernem ruhen lassen möchtet, gibt es auch hier genug Auswahl. Um genau zu sein ist Antwerpen so modern, dass es Trends schneller umsetzt, als man das Wort “Trend” buchstabieren kann. Obwohl der skandinavische Stil genau mein Ding ist, war ich nach kürzester Zeit übersättigt und konnte es einfach nicht mehr sehen. Antwerpen, du hast meine Liebe zu Hipster-Einrichtung zerstört!
Denn wenn sogar Sushi-Läden mit Flamingos dekoriert sind, wenn in jedem Café der obligatorische Bücherstapel auf einer Backsteinmauer liegt und wenn Leuchtletter jedes Lokal zieren, dann ist es einfach irgendwann zu viel des Guten.
Extrem lohnenswert ist aber ein Besuch im Museum für moderne Kunst M HKA! Extrem experimentell und schräg, gibt es dort unendlich viel zu entdecken und zu bestaunen. Ich stand vor komplett weißen Wänden (ist das Kunst?), war an einer Blatt-und-Moos-Bastelstation (gehört sowas nicht eigentlich in den Kindergarten?), bin durch einen komplett grün beleuchteten Raum geschritten und habe gehofft, dass ich den Sinn dahinter irgendwann noch verstehe. Versteht man aber nicht. Dafür macht es Eindruck und man kommt garantiert mit gemischten Gefühlen aus dem Erlebnis zurück.
Oh Antwerpen, du Hipstermörder
Wie soll ich es also zusammenfassen? In nur 24 Stunden kann man unendlich viel in Antwerpen erleben. Btw: Spart euch Chinatown, das sind nur ein paar hässliche, alte Läden, in denen dubiose Dinge angeboten werden, die absolut uninteressant sind. Dafür aber macht es wirklich Freude die Stadt spontan zu entdecken. Auch fernab der Touristenspots. Aber warm geworden bin ich trotzdem nicht mit der alten Diamanthochburg. Es war einfach ZU VIEL von allem. Zu hip, zu prachtvoll, zu verfallen. Zwischen grell und cool, alt und ranzig und Shoppingfreuden wie Bershka, Pull&Bear und American Apparel fehlte mir doch ein wenig der Zugang zum typischen Antwerpen. Es war viel mehr ein Potpurri aus anderen Städten und endete im Gefühl von Austauschbarkeit und Irrelevanz. Vor allem die gruselige Leere auf den Straßen am Abend hat mich überrascht. Auch, wie ungern die Antwerpener mit Touristen Englisch sprachen. Und dass man in manchen Gegenden besser gar nicht erst mit Kamera rumläuft weil dort einfach nicht fotografiert werden soll.
Wenn man aber einmal die komplette Reizüberflutung mit all diesen Dingen möchte, dann bietet Antwerpen in 24 Stunden einfach alles, was das Herz begehrt. Gutes (wenn auch teures) Essen inklusive. Dazu mache ich übrigens definitiv noch einen Foodguide. Bis dahin könnt ihr schon einmal alle anderen Fotos von meiner Reise im Album durchklicken.
Und wart ihr schon mal dort oder habt es vor? Welche Stadt ist für einen City Trip eure Liebste?
7 Comments
meine liebe Sarah,
bei dieser eindrücklichen Beschreibung auch der malerischen Bebilderung stelle ich mir Antweroen tatsächlich ein bisschen wie einen Mikrokosmos von Berlin vor – eben das handtaschenformat ;)
aber im Ernst, wenn es von allem zu viel auf einen Haufen gibt, dann weiß man manchmal gar nicht mehr wohin mit den Eindrücken … mir ist es auf jeden fall auch ähnlich in paris gegangen. da gab es ganz viel abgeranztes, ganz viel tot-schickes und jede Menge hippes – totale Überflutung an Eindrücken. während meines 3 tägigen Aufenthaltes hab ich mich fast unwohl gefühlt. jetzt kommt aber das Aber: im Nachhinein war es doch irgendwie cool, weil ich irgendwann zwischen den Teilen der Stadt unterscheiden konnte, die mir gefallen und den anderen ;)
vl schaue ich mir Antwerpen also auch mal aus der Nähe an. super Beitrag so vor dem WoEn meine Liebe!
❤ Tina von Liebe was ist
Liebe was ist auf Instagram
Hi Sarah,
ich war dieses Jahr auch in Antwerpen (vielleicht magst du ja mal in meinen Bericht schauen) und mir ging es ähnlich: So ganz warm geworden bib ich auch nicht mit dieser belgischen Stadt. Sie ist einfach eine Mischung aus Hässlichkeit und Schönheit. Manche Fassaden sind grandios, anderes total unspektakulär. Zudem finde ich auch, das 24h definitiv ausreichen, um das Wichtigste zu Fuß zu erkunden.
LG Monique
Ich war selbst noch nicht Antwerpen, aber dein Bericht macht Lust auf einen Besuch! Danke für den Beitrag und die schönen Bilder. Meine Liebsten Städte für einen Städtetrip? Angefangen von Amsterdam über Budapest, Prag, Stockholm, Ljubljana, Rom, Bologna, Trondheim, Kopenhagen, Berlin weiß ich gar nicht wo ich am liebsten bin! Ich freue mich auf Moskau und viele andere Russische Städte dieses Jahr.
Lg aus Norwegen
Ina
Hi,
Vllt sehe ich antwerpen auch anders, weil ich dort beruflich war und bin, aber ich mag die Stadt UND das Nachtleben. Es gibt tolle Ecken mit großartigen Restaurants wie das Fiskebar, direkt neben netten Bars und Kellnern die uns quasi hinter die Theke ließen zum selber Longdrinks machen.
Vllt wirkt die Stadt etwas chaotisch und zu bunt allerdings liegt das auch an ihrer Diamanten Geschichte, den Kolonien in Afrika, der arabische Einfluss etc. Ich mag den neuen Hafen, muss sagen das Belgier wesentlich besser und bereitwilliger englisch sprechen, als deutsche in Großstädten wie Hamburg. ich mag die kleinen Bars mit ihren Vielzahl an belgischen Bieren, die kleinen Ecken mit streetart, das Kloster zu geheimen Restaurants mitten in der Stadt umfunktioniert wurden und tolle Innenhöfe zum dinner einladen.
Von daher fahrt einfach noch einmal hin, vllt mit nen Abstecher nach Gent oder Brügge
Hi,
Ich war diese Woche auch für 5 Tage in Antwerpen und irgendwie hat mich die Stadt auch nicht wirklich umgehauen. Klar, es gibt nette Cafés – das Tinsel zum Beispiel fand ich großartig – aber sonst gleicht die Stadt einer großen Baustelle, Leerstand an jeder Ecke, ständig geschlossene Läden, ein katastrophaler Nahverkehr und – was mich auch total gewundert hat – komplett verlassene Straßen. Teilweise habe ich mich wie in einer Geisterstadt gefühlt, so leer war es überall. Nee – das war nix!
Dein Bericht überrascht mich doch sehr. Hat sich Antwerpen in zwanzig Jahren so sehr verändert?
Wir haben dort über längere Zeit gelebt und gerade das Nachtleben in dieser Stadt mit drei Universitäten sehr geschätzt. Montagabends gab es im Sommer immer das “Baijaard-Konzert” wobei das Glockenspiel der Kathedrale bespielt wurde. allein dann waren bis morgens früh Menschenmassen unterwegs. Schon allein die Kultur des “terassje doen”, d.h. sich einfach in ein Kaffee setzen und die Leute beobachten, war grandios.
Ja, Antwerpen hatte auch damals schon viiiele Gesichter.
Übrigens ist der “Reichtum” der Stadt nicht auf dem Diamantenhandel begründet, der kam erst viel später. Antwerpen war seit dem späten Mittelalter “die” Handelsmetropole schlechthin und im 17.Jahrhundert kulturelle Hochburg des Abendlandes.
Ich glaube, ich muss ganz dringend Mal hin und nach dem Rechten sehen.
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